Das Lachen als Zeichen der Auferstehung
Das Osterlachen verschwand mit der Ankunft des Wohlstands. Wenn Sie den Wikipedia-Beitrag dazu anschauen, dann werden Sie nachlesen können, dass der Brauch zu Ostern von der Kanzel ein „Ostermärlein“ zu erzählen, das die Gemeinde zum Lachen brachte, im 19. Jahrhundert schwächer wurde und heutzutage bis auf wenige Ausnahmen ganz ausgestorben scheint. Und das deckt sich mit der Zeit, als mit der und nach der Industrialisierung die nackte Not abnahm und Bildung und Wohlstand zunahmen.
Es ist ein seltsamer Befund und durchaus wert bierernst betrachtet zu werden: Am Anlass zu Ostern von Herzen zu lachen hat sich ja nichts geändert. Noch immer fürchten die meisten Menschen den Tod und Ostern versichert uns, dass der Tod besiegt ist: Tod, wo ist dein Stachel? , jubelt die Christenheit in Anbetracht der Auferstehung.
Gleichzeitig geht es uns gut wie nie (zumindest den statistischen Daten nach zu urteilen), d.h. wir leben so viel besser als unsere zu Ostern lachenden Vorfahren, dass wir nicht nur über den besiegten Tod von Herzen lachen können müssten, sondern auch das gute Leben (im Vergleich zu damals).
Warum haben also die Vorfahren gelacht und wir nicht? Bzw. warum lachen wir soviel seltener? Da sind wohl mehrere Kräfte am Werk.
Zum einen lässt uns das gute Leben immer nach dem noch besseren Leben suchen und wir sind Meister darin, den Tod so vom gesellschaftlichen Leben abzukapseln in wenige Abteilungen von Krankenhäusern und Altenheimen, dass wer nicht unmittelbar mit ihm konfrontiert wird, ihn gar nicht mehr wahrnehmen muss. Aber gerade durch das Verdrängen wird er zum Monster, das wir verzweifelt mit dem Hängen an Jugend, mit Selbstoptimierung und Wellness, mit Fitness und gesunder Ernährung zu zähmen versuchen. (in Klammern sei gesagt, dass weder an Jugend, noch Selbstoptimierung, Wellness, Fitness und gesunder Ernährung irgendetwas falsch ist, solange sie die Lebensfreude steigern)
Zum anderen hat das Lachen nicht nur die Funktion triumphierende Freude nach einem Sieg auszudrücken. Es ist oft auch die vorbeugende Maßnahme eines Schwächeren, den Stärkeren milde und wohlgesonnen zu stimmen: Kinder lachen öfter als Erwachsene und Untergebene öfter als Vorgesetzte. Und ärmere Menschen öfter als wohlhabende, und damit sind wir wieder bei den lachenden Vorfahren, die erstens und oft sehr schmerzhaft mit dem Tod auf du und du waren und zweitens vor so vielen stärkeren Mächten Anlass hatten Angst zu haben und sie lachend milde stimmen wollten: die Kirche, die weltlichen Herrscher, und immer wieder Not durch drohenden Hunger und Kriege.
Es gibt aber einen Aspekt des Lachens, der leicht unterschätzt wird: dass sich nämlich in ihm die Machtverhältnisse schnell umkehren können, weil mit dem Lachen der vermeintlich Schwächere dem vermeintlich Stärkeren signalisiert, dass er ihn durchschaut hat in seiner lächerlichen Ernsthaftigkeit. Deswegen ist es gut, dass es die früher so knapp dosierten Ventile des Frohsinns heute nicht mehr braucht, weil wir weniger Angst haben müssen als die Vorfahren. Aber deswegen wäre es auch gut, wenn wir öfter mal gegen alle uns bedrängende lächerliche Ernsthaftigkeit kräftig anlachen würden. Dazu brauchen wir keine mehr oder weniger gut erzählten Späße, sondern nur die Erinnerung daran, dass der Ernst der Auferstehung Gottes darin besteht, dass es in dieser Welt letztlich gar nichts geben kann, das nicht dem Lachen preisgegeben ist. Wir werden so lange ein jährliches Osterfest brauchen, bis wir die ernsthafte Konsequenz daraus ziehen und mithelfen, die Welt zu einem fröhlicheren Ort zu machen.
In diesem Sinne: FROHE Ostern!
Ihr Joachim v. Kölichen