„Geh aus, mein Herz, und suche Freud“ – Andacht für den Sommer von Pfarrer Bernd Schindler und der Kantorei der Paulanergemeinde

Liebe Besucherinnen und Besucher unserer Homepage,

für Sie eine kleine Andacht für die kommenden Wochen. Mögen Sie alle recht fündig werden.

Liebe Gemeinde,

1653 veröffentlicht Paul Gerhard das schöne und bekannte Sommerlied „Geh aus, mein Herz.“ Was so als beschwingtes und fröhliches Lied daherkommt, hat eigentlich einen sehr tiefgehenden und traurigen Hintergrund.

Als der Liederdichter diese Strophen verfasst, war der 30jährige Krieg gerade an ein Ende gelangt. Das ganze Land lag verwüstet nieder, viele – auch der Dichter selber – haben nahe Menschen und das ganze Hab und Gut verloren und mussten von Neuem beginnen. Die Stimmung im Land war erschüttert.

Paul Gerhardt besingt dennoch oder trotzdem die Schönheit dieser Welt. So Vieles lässt sich entdecken. So viel Besonderes ist da zu sehen. Es ist eine wunderbare Erde auf der wir leben.

„Die Lerche schwingt sich in die Luft, das Täublein fliegt aus seiner Kluft und macht sich in die Wälder.
Die hochbegabte Nachtigall, ergötzt und füllt mit ihrem Schall, Berg Hügel Tal und Felder, Berg Hügel Tal und Felder.“

Nun ist das nicht vertröstend oder naiv dahergesagt, sondern Paul Gerhard weiß, dass es manchmal schwer sein kann, fündig zu werden. Deshalb beginnt das Lied mit einer Aufforderung. „Geh aus, und mein Herz, und suche Freud!“

In der Zeit nach dem dreißigjährigen Krieg war das sicherlich nicht einfach. Man musste sich wirklich auf die Suche machen – nach dem, was das bedrückte Herz erfreuen kann.

Paul Gerhardt wird fündig. Es sind die kleinen Dinge: Vögel, bunte Blumen, Bienen, Bäche klaren Wassers.

Diese kleinen Zeichen der Freude sagen ihm auch, dass Gott noch da ist. Auch wenn es sich im Krieg wahrscheinlich oft ganz anders angefühlt hatte. Auch wenn er sich immer wieder die Frage gestellt hatte: Warum muss ich selber so viel Schweres ertragen?

Aber trotzdem: Gott ist da. Er ist in dieser wunderbaren Welt.

Liebe Gemeinde,

„geh aus, mein Herz, und suche Freud.“

Ungetrübte Freude zu erfahren fiel uns allen wohl in den letzten 1 ½ Jahren schwer. Ganz aktuell sind da auch noch die unfassbaren Bilder der Flutkatastrophe. Wo Menschen vor dem Scherbenhaufen ihres Lebens stehen. Wo soll da Freude sein? Wo ist da Gott?

Ganz ehrlich – ich kann Ihnen keine gute Antwort geben.

Dennoch oder trotzdem möchte ich nicht dabei stehen bleiben. Nicht um einfach weiterzumachen. Nicht um wegzurennen. Sondern um etwas zu haben, das man dem entgegenhalten kann. Es gibt Frohes – das man nur manchmal übersieht. Da sind liebe Menschen. Da sind gute Umstände, in denen wir leben. Da sind viele, die versuchen gemeinschaftlich zu leben.

Ja, da ist auch ein Gott. Der mir manchmal Fragen stellt. Den ich frage. Der mir manchmal entgleitet. Den ich aber doch nicht aufgeben möchte. Denn die Welt ist viel zu besonders. Zu schön.

Ein wenig muss ich suchen. Und werde fündig.

Vielleicht geht es ja Ihnen ganz ähnlich in diesem Sommer. Ich wünsche Ihnen ein großes Fündigwerden.

Vielleicht sogar, wenn man selber singt. Die schönen Worte:

„Geh aus, mein Herz, und suche Freud, in dieser schönen Sommerzeit.“

Amen

 

Vielleicht erleben Sie diese Freude ja beim Hören und Sehen unserer Kantorei oder der Orgelmusik aus der Paulanerkirche – Beides unter der Leitung von Kantorin Kerstin Schatz.

Improvisation für Orgel. Ein musikalischer Scherz: Wenn Mozart „Geh aus, mein Herz, und suche Freud“ komponiert hätte.
Die Komposition stammt von Gottfried Fischer aus dem Jahr 1989. Zu hören sind vier Sätze aus dem Werk: Thema (Liedstrophe 1), Die Bäume stehen voller Laub (Strophe 2), Die Lerche schwingt sich in die Luft (Strophe 3) und Fanfare.