Gedanken zur Passionszeit

„Erst, wenn man etwas nicht mehr hat, weiß man es zu schätzen!“ – meine Oma hat das immer zu mir gesagt, wenn ich keine Butter aufs Brot schmieren wollte. Nachdem sie in den 40er Jahren des letzten Jahrhunderts gezwungenermaßen auf Butter verzichten musste, stellte sich in den Jahren nach dem Krieg überhaupt nicht mehr die Frage, ob da Butter aufs Brot kommt: Sie kam drauf – eben weil jeder Bissen meine Oma daran erinnerte, wie besonders so ein Stück Butter sein kann.
Die Passionszeit wird auch oft genutzt, um das Besondere in vielen Selbstverständlichkeiten (wieder)zu entdecken. Viele Christinnen und Christen fasten freiwillig auf Dinge, die eigentlich ganz selbstverständlich erscheinen: Schokolade, Handy, Autofahren. Wenn man es am Ostersonntag dann wieder hat, merkt man an Leib und Seele, wie besonders das doch eigentlich ist.
In der diesjährigen Passionszeit fühle ich mich oft sehr an meine Oma und ihre Zeit erinnert. Weil plötzlich aufgrund eines Krieges das, was ich für so selbstverständlich gehalten habe, ins Wanken gerät: Ich sehe die Benzin- und Ölpreise steigen, erahne, dass bald Weizenprodukte teurer werden und merke: es ist eben nicht selbstverständlich, dass es immer warm ist, dass eine Semmel 30 Cent kostet.
Wie hält man das eigentlich durch, ohne vollkommen deprimiert zu werden? Das Fasten in der Passionszeit hört irgendwann auf – nach 40 Tagen ist das Ziel erreicht. Ich glaube, die Aussicht auf ein Ende und damit auf einen neuen Anfang – das trägt einen durch freiwillige und unfreiwillige Entbehrungen. HOFFNUNG, nennen wir das. Passion gibt es nicht ohne Ostern – das Leid und das Dunkle endet im Licht und im Leben. Und dieser hoffnungserfüllte Glaube hat Christinnen und Christen seit jeher weitergehen lassen, wenn andere schon aufgegeben haben. Hat sie ein Licht anzünden lassen, wenn andere die Augen schon verschlossen haben.
Und das wünsche ich Ihnen in dieser Passionszeit: Dass Hoffnung Sie trägt!
Ihre Rebecca Scherf